Siemens weicht Fragen zur Zustimmung der Sahraouis aus
Warum hat Siemens die Zustimmung der Sahraouis nicht eingeholt, um auf deren Land Projekte auszuführen? An der Hauptversammlung gab die Firma keine Antwort darauf.
Veröffentlicht 14. Februar 2017

Warum hat Siemens die Zustimmung der Sahraouis nicht eingeholt, um auf deren Land Projekte auszuführen? An der Hauptversammlung gab die Firma keine Antwort darauf.

Western Sahara Resource Watch war an der ordentlichen Hauptversammlung der Aktiengesellschaft am 1. Februar 2017 in München dabei.

WSRW fragte Siemens, ob sie sich bemüht hätten, die Zustimmung des sahraouischen Volkes einzuholen. Der CEO der Firma, Joe Kaeser, hat auf diese Frage nicht geantwortet. Unten der Kommentar des Siemens CEO und das Statement, das WSRW am Treffen abgegeben hatte.

CEO Joe Kaeser:
Uns ist das Thema und der umstrittene Status der Westsahara bekannt und wir gehen damit auch sehr sensibel um was die Rechtmässigkeit der Aktivitäten angeht. Wir haben das sehr sehr intensiv geprüft. Wir haben den Rat von anerkannten Experten und unabhängigen Rechtsberatern eingeholt. Wir sind der Auffassung auf der Basis dieser Erkundungen, die wie gesagt sehr intensiv waren, dass wir nach anwendbarem Recht hier zulässig diese Projekte auch machen.
Wir sind natürlich auch der Auffassung, dass das Recht auf Selbstbestimmung der Völker natürlich gilt und dass das Völkerrecht gilt. Allerdings, wie gesagt, wir haben das geprüft.
Wir unterstützen auch die Position der deutschen Bundesregierung, die die Hoffnung geäussert hat, dass man hier eine friedliche und insbesondere auch einvernehmliche Lösung der ausstehenden Fragen im Bezug auf die Westsahara und deren Unterstützung durch die Vereinten Nationen hat. Wir begrüssen das ausdrücklich.
Ich meine, schauen Sie, wenn wir dort Windparks errichten, erneuerbare Energie, am effizientesten überhaupt auf der ganzen Welt erzeugen, mit etwa drei Cent pro Kilowattstunde, das ist Weltklasse, dann hat ja eigentlich jeder was davon und es wäre schade, wenn man sich dort nicht durchringen könnte, dass die Menschen auf allen Gebieten dieses Landes davon profitieren.
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Die untenstehende Rede hielt Western Sahara Resource Watch:
Seit vier Jahrzehnten hält Marokko das Gebiet der Westsahara besetzt.

Kein Staat der Welt erkennt Marokkos Anspruch auf die Westsahara an. Die UNO hat Marokkos Invasion verurteilt. Der Internationale Gerichtshof hat erklärt, dass Marokko kein Recht auf dieses Land hat.

Die Hälfte der Bevölkerung des Gebiets ist nach der Besetzung geflohen. Mehr als 100 UN-Resolutionen fordern das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung der Westsahara ein.
Siemens scheint sich nicht um die Rechte der Bevölkerung der Westsahara zu scheren. Siemens unterschreibt Verträge für die Erbauung von Windkrafträdern in der Westsahara mit der falschen Regierung – mit der von Marokko. Die Königsfamilie Marokkos ist Eigentümer der Geschäftspartner von Siemens.

Unsere Organisation hat Siemens bereits mehrmals gefragt, was sie unternehmen, um die Zustimmung der sahraouischen Bevölkerung zu erbeten – wenn sie auf ihrem Land tätig sind.

Siemens hat diese Frage nie beantwortet. Siemens ist der Auffassung, dass sie zur Entwicklung der Region beitragen. Aber das ist weder die Frage, die wir stellen, noch die Frage, welche die Sahraouis fragen.

Die Windkrafträder von Siemens stellen heute 95 Prozent der benötigten Energie bereit, welche die Marokkanische Regierung für ihre Minenindustrie in der Westsahara benötigt, eine Industrie, die wegen Verstößen gegen grundlegende Ethik weitgehend auf der schwarzen Liste internationaler Investoren steht. Der Generalsekretär der lokalen Sahraouischen Vereinigung zum Schutz der Naturressourcen in der Westsahara sitzt wegen Protests gegen diese Plünderung lebenslänglich in einem marokkanischen Gefängnis ein. Siemens unterstützt heute moralisch, finanziell und politisch die marokkanische Besetzung. Auf ihrer Webseite hat Siemens sogar die Westsahara als Teil Marokkos kenntlich gemacht.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat sich im letzten Jahr mit der Frage der Tätigkeiten der EU in der Westsahara befasst. Das Urteil vom Dezember ist eindeutig. Die Westsahara unterscheidet sich grundsätzlich von Marokko und ist davon getrennt. Marokko hat kein Recht, Verträge in der Westsahara einzugehen, ohne die Meinung der repräsentativen Vertretung der sahraouischen Bevölkerung anzuhören. Auf Grundlage dieses Urteils gibt es keinen anderen Weg, als Verträge mit der marokkanischen Regierung in der Westsahara als „illegal“ zu beschreiben.

Dies kann nicht deutlich genug betont werden. Siemens geht ein reales finanzielles Risiko ein. Diese Verträge mit der marokkanischen Regierung sind ungültig. Wertlos. …und mit der falschen Regierung eingegangen… Wir fordern Sie alle dringend hier und heute auf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu prüfen. Bittet ein Unternehmen nicht um die Zustimmung der repräsentativen Vertretung der Westsahara, bricht es Rechtsgrundsätze.

Dies ist eine Angelegenheit von Menschenrechten und grundlegender Sorgfaltspflicht. Es reicht für Siemens nicht aus, nur zu sagen, dass sie Menschenrechte achte. Sie muss das in der Praxis zeigen. In der Westsahara bedeutet dieses Recht, dass die Bevölkerung über ihr eigenes Land zu entscheiden hat.

Wir haben zwei Fragen an das Management von Siemens:

Erstens: Warum verweigert sich Siemens, die Zustimmung der Bevölkerung der Westsahara einzuholen?

Zweitens: Da Siemens sich der Einholdung einer Zustimmung der betroffenen Bevölkerung verweigert: Wie geht Siemens mit dem Risiko legaler Sanktionen seitens der repräsentativen Vertretung der Bevölkerung der Westsahara?

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